
Der Weg zur Genesung ist kein Sprint, sondern ein achtsamer Prozess in kleinen Schritten
Welche Therapieansätze können helfen?
Derzeit gibt es keine schulmedizinisch anerkannte kausale Behandlung für ME/CFS. Deshalb konzentriert sich die medizinische Versorgung meist auf die Linderung einzelner Symptome.
Und doch berichten weltweit viele ehemals Betroffene davon, dass sie sich im Laufe der Zeit erholt haben – manche nach Monaten, andere nach Jahren oder sogar nach Jahrzehnten. Auch ich habe nach über drei Jahren meine Gesundheit Schritt für Schritt zurückgewonnen.
Was hat diesen Prozess unterstützt?
Welche Ansätze können hilfreich sein, um den Körper auf dem Weg der Heilung zu begleiten?
Die Grundlage: Verstehen, Annehmen, Regulieren
Im Zentrum eines ganzheitlichen Genesungsprozesses steht das Verständnis für die Mechanismen der Erkrankung (siehe Abschnitt „Was verursacht ME/CFS?“) – und der behutsame Weg zurück in die Regulationsfähigkeit des Nervensystems.
Ein zentraler Schritt dabei ist die bedingungslose Akzeptanz –
der Erkrankung, der Symptome und des aktuellen Zustands des eigenen Nervensystems. Diese Akzeptanz ist auch deshalb so wichtig, weil sie dem Nervensystem signalisiert: Es ist sicher.
Nur wenn das, was da ist – Schmerzen, Erschöpfung, unangenehme Empfindungen – angenommen wird, kann das System über die sogenannte Neurozeption ein Gefühl von Sicherheit entwickeln. Und genau das ist die Grundlage für Regulation.
Ebenso wichtig ist eine zuversichtliche innere Haltung, geprägt von Selbstverantwortung, Vertrauen und Geduld.
Auf dieser Basis kann ein individueller Weg entstehen, der Raum für Entwicklung und Heilung bietet.
Der Körper kennt den Weg
In meiner Begleitung fließen verschiedene therapeutische Ansätze zusammen, die sich in der Arbeit mit chronischen Erkrankungen bewährt haben – besonders dann, wenn die Ursachen auf tieferer Ebene im Nervensystem, in unverarbeiteten Erfahrungen oder in stressbedingten Reiz-Reaktionsmustern liegen.
Viele dieser Methoden folgen nicht dem Prinzip „höher, schneller, weiter“.
Sie setzen stattdessen dort an, wo chronische Belastung, Stress oder Trauma das System aus dem Gleichgewicht gebracht haben – und stärken die natürliche Fähigkeit des Körpers, sich zu regulieren und zu heilen.
Auch wenn sie manchmal kontra-intuitiv erscheinen – etwa, weil sie uns ermutigen, dem Unangenehmen liebevoll zu begegnen, statt davor zu fliehen – folgen sie einem tiefen Wissen:
👉 Der Körper kennt den Weg.
Ein ganzheitlicher Ansatz kann aus verschiedenen Elementen bestehen:
1. Verstehen, Annehmen, Regulieren
Im Zentrum steht ein tieferes Verständnis für die Mechanismen der Erkrankung und des Nervensystems.
Bedingungslose Akzeptanz von Symptomen und momentanen Zuständen sendet über die Neurozeption das Signal von Sicherheit – eine grundlegende Voraussetzung für Regulation und Heilung.
2. Traumatherapie und Integration
Chronischer Stress oder frühe emotionale Verletzungen können das Nervensystem überlastet haben.
Traumatherapeutische Ansätze helfen, alte Erfahrungen zu integrieren und dadurch mehr innere Stabilität zu gewinnen.
3. Arbeit mit inneren Anteilen
Perfektionismus, Überanpassung oder der innere Antreiber „Ich muss funktionieren“ erzeugen unbewussten Stress.
Durch die Arbeit mit inneren Anteilen entsteht mehr Mitgefühl, Selbstfreundlichkeit und emotionale Freiheit.
4. Polyvagaltheorie & körperorientierte Regulation
Ein dysreguliertes Nervensystem kann lernen, sich wieder sicher zu fühlen.
Körperorientierte Übungen – auf Basis der Polyvagaltheorie – helfen, Reizverarbeitung, innere Ruhe und Sicherheit wieder erfahrbar zu machen.
5. Neuroplastizität & Neuausrichtung
Das Nervensystem ist lernfähig.
Methoden wie Somatic Tracking, Brain Retraining oder imaginative Verfahren nutzen diese Fähigkeit, um heilsame neuronale Verbindungen zu stärken – statt immer wieder den gleichen „Symptom-Autobahnen“ zu folgen.
6. Vertrauen in die Selbstheilungskraft
Unser Körper ist ein Selbstheilungssystem – wenn wir ihm zuhören und nicht ständig gegen ihn arbeiten.
Nichtstun, Sein-Dürfen und liebevolles Innehalten sind oft kraftvoller als das nächste To-Do.
Genesung ist kein ständiges Optimieren – sondern oft ein Erinnern daran, was unser Körper längst weiß.
💡 Mein Ziel ist es, alle Methoden und Werkzeuge so zu vermitteln, dass du sie selbstständig anwenden kannst. Damit du deinen eigenen Weg auch unabhängig weitergehen kannst – im Tempo und in der Tiefe, die zu dir passt.
Do’s and Don’ts auf dem Genesungsweg
Hier findest du bewährte Prinzipien, die dir Orientierung geben können – ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit.
✅ Do’s
Priorisierung der Genesung
Gesundheit darf an erster Stelle stehen. Alles beginnt mit der inneren Erlaubnis, sich selbst ernst zu nehmen – und sich Zeit und Raum zur Heilung zu geben.
Reduktion von innerem und äußerem Druck
Perfektionismus, Zeitdruck oder Selbstoptimierung können Stress verstärken. Was heilt, ist Sanftheit – nicht Härte.
Bewusster Umgang mit Stressoren
Lerne, äußere und innere Stressquellen zu erkennen. Atemübungen, Grenzen setzen, Pausen und Entspannung sind kein Luxus, sondern notwendig.
Atemtherapie & Atemwahrnehmung
Der Atem ist ein direkter Zugang zum Nervensystem. Sanfte Atemübungen können helfen, innere Anspannung zu lösen und Sicherheit zu spüren.
Förderung des parasympathischen Zustands
Der Parasympathikus (Ruhemodus) ist entscheidend für Heilung. Alles, was das System beruhigt – Wärme, Natur, Berührung, Stille – unterstützt ihn.
Körperwahrnehmung & Körpersignale verstehen
Der Körper spricht ständig mit uns. Lerne, seine Sprache zu deuten – statt ihn zu ignorieren oder zu übergehen.
Mind-Body-Ansätze
Z. B. Somatic Tracking oder Embodiment-Techniken helfen, Körper und Geist wieder in Verbindung zu bringen – sanft und effektiv.
Gefühle annehmen und regulieren lernen
Unterdrückte Emotionen können das System belasten. Gefühle dürfen da sein – und dürfen in sicheren Räumen gefühlt und bewegt werden.
Wahrnehmung eigener Bedürfnisse
Was brauchst du wirklich – körperlich, emotional, sozial? Lernen, für die eigenen Bedürfnisse einzustehen, ist ein Akt der Selbstheilung.
Finden und respektieren der eigenen Baseline
Die Baseline ist deine aktuelle Belastbarkeitsgrenze. Sie sollte anfangs nicht überschritten werden – auch wenn das schwerfällt.
Belastungsaufbau in kleinen Schritten
Nicht schneller – sondern stabiler. Kleine, gut dosierte Schritte schaffen Vertrauen im System und verhindern Rückschläge.
Brain Retraining & kognitive Umstrukturierung
Neue, heilsame Gedankenbahnen formen – statt in Katastrophenszenarien zu verharren.
Meditation, Achtsamkeit & Visualisierungen
Innere Bilder, Rituale oder kleine Meditationen helfen, Vertrauen zu stärken und Sicherheit zu spüren – auch in schwierigen Phasen. Sie helfen dabei eine Basis im Parasympatischen System anzulegen.
Entzündungshemmende Ernährung & Darmgesundheit
Der Darm beeinflusst das Nervensystem. Sanfte, nährende Ernährung kann dabei unterstützen, das System zu entlasten.
Rückverbindung zur eigenen Authentizität
Heilung bedeutet oft auch und vor allem: sich selbst wieder näher kommen. Sich erlauben, echt zu sein – ohne Maske, ohne Funktionieren-Müssen.
Entwicklung eines heilsamen Mindsets
„Ich bin nicht schuld. Ich bin nicht defekt. Ich bin auf dem Weg.“ – Das sind stärkende Gedanken, die dein System nähren.
Verständnis individueller Auslöser und Muster
Je besser du deine persönlichen Muster erkennst, desto freier kannst du damit umgehen.
Inspiration durch Genesungsgeschichten
Manchmal braucht es das Wissen: Es ist möglich. Geschichten anderer können Hoffnung und Orientierung geben.
Ausrichtung auf Freude, Genuss, Dankbarkeit
Nicht als To-Do, sondern als Haltung. Was nährt dich? Was tut dir gut? Freude heilt.
Bewegung angepasst an dein Energielevel
Keine Leistung. Sondern liebevolle, kleine Impulse: Dehnen, Spüren, leichtes Bewegen. Weniger ist oft mehr.
Ein individueller Weg
Diese Schritte können helfen, den eigenen Heilungsweg zu gestalten. Es gibt keinen „einen richtigen“ Weg –
wohl aber viele kleine, mögliche Schritte in Richtung mehr Lebendigkeit, Stabilität und Gesundheit.
Coaching kann dabei unterstützend sein: als Wegbegleitung, als Strukturhilfe, als Erinnerung daran, dass du nicht allein bist.
Viele Menschen haben in einem vertrauensvollen Rahmen den Mut gefunden, dranzubleiben und sich auf ihren persönlichen Prozess einzulassen.